Family Offices heben sich in ihrer Investmentstrategie in mancherlei Hinsicht von ihren Wettbewerbern positiv ab – offenbaren jedoch auch einige Schwächen, an denen sie arbeiten sollten. Zu diesem Ergebnis kommt eine noch unveröffentlichte Studie: „Investmentstrategien bei Startup- und Private-Equity-Beteiligungen. Ein Vergleich von Industrie-Unternehmen, Family Offices und Investment-Gesellschaften in Deutschland“ (eine Dissertation an der Triagon Academy). Befragt wurden 23 Investmentmanager aus der Industrie, 17 aus Family Offices und 20 aus unabhängigen Investment-Gesellschaften. Dabei gliedern sich diese Strategien in drei Teilmodule: (1.) Strategy & Operations Frame im Sinne strategischer Rahmenbedingungen, (2.) Struktur und Absicherung der Investments sowie (3.) Bewertung des Gesamt-Portfolios als Erfolgsmessung.
- Strategische Rahmenbedingungen
Den Anfang machen die grundlegenden Überlegungen der Investoren im Strategy & Operations Frame. Dieses Modul erfasst in elf Einzelfragen die Einschätzungen der Befragten zum Stellenwert von direkten und indirekten bzw. Minderheits- und Mehrheitsbeteiligungen, zur Gewichtung der finanziellen und strategischen Ziele, zu Haltedauer und erwarteter Portfoliorendite pro Jahr. Darüber hinaus waren die
Risikobereitschaft, die Relevanz diverser Finanzierungsinstrumente, die Anzahl der Beteiligungen und der Deal-Flow, bevorzugte Investitionsphasen sowie die Rolle von Kapitalmarktprodukten bei der Absicherung der Investitionen Themen der mündlichen Interviews.
Im Ergebnis zeigt sich, dass alle Investoren, unabhängig von ihrer Gruppe, direkte Beteiligungen mit der größten Bedeutungszuweisung versehen. Jedoch sind Mehrheitsbeteiligungen für Family Offices von lediglich mittlerer Relevanz. Dazu passt, dass Finanzziele wie die kurzfristige bzw. langfristige Rendite oder die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells für Investment-Gesellschaften, aber auch für Family Offices signifikant relevanter sind als für die Industrie. Optimierungspotenzial für die Familienverwalter deutet sich im Risikomanagement an, zumal diese Gruppe finanzielle Ziele deutlich über die strategischen stellt: Relativ einhellig verzichten die Befragten auf eine Absicherung ihrer Investments z.B. über Kapitalmarktprodukte. Für ein Drittel der Family Offices hat zudem die Heterogenität des Portfolios zur Risikostreuung eine nur marginale Bedeutung. Dies ist insofern bemerkenswert, weil die
Verwalter der Familienvermögen mit 9,1 Jahren im Durchschnitt deutlich länger investiert sind als Industrie- (6,9 Jahre) und unabhängige Investoren (4,7 Jahre).
2. Struktur und Absicherung des Investments
Im zweiten Strategie-Modul geht es u.a. um die Frage, was Märkte eigentlich für Investoren attraktiv macht. Allen gemeinsam liegen – wenig überraschend – die Wachstumsaussichten am Herzen: Dieses Merkmal erreicht einen addierten Punktwert von 13,59. Dahinter folgen die Größe des jeweiligen Markts (11,71 Bewertungspunkte) und die Vertrautheit mit den Märkten (10,59). Grundsätzlich orientieren sich die unabhängigen Investment-Gesellschaften eher an Opportunitäten, während sich die Industrievertreter vor allem von vertrauensbasierten Kriterien leiten lassen. Eine Stärke der Family Offices liegt darin, beides zu verbinden: Sie suchen Opportunitäten, nehmen aber auch gerne
jene Märkte in ihren Fokus, die sie bereits gut kennen, weil sie dort bereits investiert sind oder waren. Was die Produkte des potenziellen Targets angeht, so muss bereits in einer frühen Phase der Kundennutzen klar erkennbar sein, damit sie für Family Offices ein lohnendes Investment darstellen; der Innovationsgrad eines Produkts oder einer Serviceleistung ist für FOs ebenfalls zentral. Weniger hoch priorisiert als bei anderen ist dagegen das Vorliegen eines bekannten und bewährten Geschäfts- und Vertriebsmodells auf Seiten des Startups.
Ist die Beteiligung am Target juristisch und betriebswirtschaftlich vollzogen, geht es darum, im laufenden Monitoring die Geschäftsentwicklung des Portfoliounternehmens transparent zu machen. Damit Zahlen nicht nur gesammelt, sondern interpretiert und mit denen aus anderen Beteiligungen verglichen werden können, bieten sich standardisierte KPI-Cockpits bzw. Dashboards an. Hier können die Family Offices, zumindest im erfassten Durchschnitt, von den Investment-Gesellschaften lernen: In dieser Gruppe sind diese Absicherungsmechanismen über eine solche Standardisierung deutlich stärker ausgeprägt. Gerade im Beteiligungscontrolling offenbart sich Nachholbedarf: Bei der Implementierung ganzer Controlling- und Reportingsysteme verfügen die unabhängigen Investoren über eine deutlich größere Erfahrung. Auffällig ist darüber hinaus die geringe Erfahrung aller Gruppen bei der Qualitätsprüfung der Produkte ihrer Portfoliounternehmen. Ein weiteres Manko betrifft speziell die Family Offices: Ihnen fehlt nach eigener Aussage oftmals Praxis-Know-how bei eventuellen Eingriffen in das Personal-Tableau der Beteiligungsfirmen, insbesondere ins Top-Management.
3. Bewertung des Gesamt-Portfolios
In der Erfolgsbetrachtung erzielen Family Offices und unabhängige Investoren im Mittel eine signifikant höhere Ist-Portfoliorendite als die Industrie-Gruppe. Allerdings erreichen die Investmentmanager aus der Industrie eine größere Anzahl ihrer selbstgesteckten Ziele als die Family Offices. In allen drei Gruppen schlummern noch weitere ungenutzte Potenziale: So berichten viele über Schwierigkeiten, Synergien innerhalb ihres Portfolios zu realisieren, besonders die Family Offices (35%).
4. Fazit
Die Vertreter der Investorenseite sollten sich schon beim Setup der Beteiligungseinheit klare finanzielle und strategische Ziele setzen. Finanzziele sollten dabei auch dann nicht vernachlässigt werden, wenn sie keine Primärziele darstellen. Außerdem sollte Klarheit herbeigeführt werden über die Erwartungshaltung an die Zielmärkte, an die Produkte der Targets und das dortige Management. Nötig ist darüber hinaus eine hohe Flexibilität bei allen investmentrelevanten Prozessen, besonders in der Entscheidungsfindung, wenn der Investor opportunitätsbasiert im Markt agiert.
Für das Beteiligungscontrolling macht es Sinn, ein standardisiertes Monitoring und die begleitenden Prozesse zu implementieren, gerade dann, wenn die Risikoorientierung des Investors hoch ist. Als KPIs für die Erfolgskontrolle bietet es sich für Investoren an, sich ein Basis-Setup zusammenzustellen und dieses dann ggf. spezifisch an die Geschäftsmodelle und die einzelnen Branchen der Portfoliounternehmen anzupassen.
Bei der strategischen Positionierung zeigt sich, dass es möglich ist, sich differenzierend bezüglich strategischer und finanzieller Soll -Ziele auf der einen Seite und der marktrelevanten Investitionskriterien auf der anderen Seite zu positionieren. Angesichts der Fülle potenzieller Investoren im Markt scheint ein eigenständiges Profil als Investor sinnvoll, um gegenüber Geldgebern, Targets und Mitarbeitern nicht austauschbar zu sein. Zu dieser Positionierung sollte dann das zugehörige Risikoprofil passen, und zwar durch ein Risikomanagement, das die Selbsteinschätzung zu dem vorhandenen und künftigen Portfolio berücksichtigt, durch ein Beteiligungscontrolling, das kontinuierlich vergleichbare wirtschaftliche Daten zum Ist-Zustand der Beteiligungsunternehmen liefert und so Risiken erkennbar macht, durch eine Analyse der Zusammensetzung des Portfolios unter der Perspektive potenzieller Risiken sowie durch eine finanztechnische Absicherung, die hilft, negative Entwicklungen, so sie denn eintreten, möglichst proaktiv abzufedern.